Aimée Riecke

Stabilität für Deine Körpermitte

5 Effekte herkömmlicher Schuhe auf Deine Füße, Deinen Körper und Deinen Beckenboden

30. Jun 2023 | 2 Kommentare

Deine Füße sind das Fundament, auf dem Du stehst, wortwörtlich. Es ist der Teil von Dir, der am meisten belastet wird, weil er Deinen gesamten Körper trägt. Aber wie viel weißt Du über Deine Füße? Und wie viel Aufmerksamkeit schenkst Du ihnen in Deinem Alltag?

Beschwerden in anderen Körperregionen haben häufig ihren Ursprung in den Füßen, jedoch werden die Effekte herkömmlicher Schuhe in der Ursachenforschung oft vernachlässigt. Wenn wir über Deine Füße reden, geht es um so viel mehr als nur um Deine Füße! Daher möchte ich Dir im Folgenden erzählen, wie Deine Füße und was Du an ihnen trägst, Einfluss auf den Rest Deines Körpers haben.

Der Fuß – Unterschätzt, ignoriert und dabei mit so vielseitigem Einfluss

Jeder unserer Füße ist ein statisches Meisterwerk, gebaut aus 26 Knochen, 33 Gelenken, 20 Muskeln und über 100 Bändern. Außerdem sind Füße die Körperregion mit den drittmeisten Sinneszellen, nach Mund und Händen. Er ist dafür gemacht, auf ihm zu laufen, zu springen, zu schleichen, sich zu drehen, loszusprinten und sich ganz bewusst mit dem Boden unter ihnen zu verbinden.

Der große Knochen in der Ferse ist ein natürlicher Stoßdämpfer. Die vielen Knochen, Gelenke und Muskel erlauben ein Abrollen und Abstoßen über den großen Zeh im Ablauf unseres Ganges, wobei sowohl Supination als auch Pronation durchlaufen werden. Supination ist, wenn der Fuß mehr auf die Außenkante des Fußes gekippt ist, Pronation, wenn er mehr zur Innenseite kippt. Ein gesunder Fuß kann also beides. Dieser Bewegungsablauf setzt sich weiter oben im Körper fort.

Deswegen können sich Probleme mit den Füßen in Form von Fußschmerzen, aber eben auch woanders äußern, beispielsweise im Knöchel, den Knien, Hüften, dem Beckenboden, im unteren und oberen Rücken, im Nacken oder verspannten Schultern. Also so ziemlich alles, was oberhalb der Füße ist. Hast Du also Probleme mit einem dieser Körperstellen, lohnt es sich auch, Dir anzuschauen, wie es Deinen Füßen geht und welches Schuhwerk Du in der Regel trägst.

Schuhe und Füße – Eine sensible Beziehung

Wenn Du um die Zusammenhänge weißt, verstehst, wie das eine das andere beeinflussen kann, bist Du viel eher in der Lage einen nachhaltigen Ansatz zu finden, um Deine Beschwerden in Angriff zu nehmen oder zu verhindern überhaupt erst welche zu bekommen. Deswegen schauen wir uns jetzt mal die drei Haupteigenschaften von konventionellen Schuhen an, die einen Einfluss darauf nehmen, wie wir gehen. Ein verändertes Gangbild ist nämlich einer der Hauptursachen, wie Schuhe Einfluss auf den restlichen Körper nehmen.

Enge Zehenbox: die Zehen werden zusammengequetscht und beeinträchtigen die großen Bänder bei ihrer Arbeit. Auch das Fußgewölbe kann dadurch geschwächt werden.

Dicke, starre Sohlen: der Fuß kann nicht abrollen, kann dadurch steif und schwach werden. Überempfindlichkeit kann ebenso auftreten

Absätze: durch die (auch nur ein bisschen) erhöhte Ferse wird das Gewicht auf den Vorderfuß verlagert, die Statik des restlichen Körpers verändert sich, um ein nach Vorne fallen zu verhindern. Ein Abrollen über den großen Zeh wird unterbunden.

Starre Sohle, Absatz und enge Zehenboxen haben Auswirkungen auf Deinen Körper

Im Folgenden möchte ich 5 Effekte aufzeigen, wie sich diese drei Faktoren im Körper auswirken und was für Folgen das haben kann. Das heißt nicht, dass es sich bei Dir zwangsweise so bemerkbar machen wird. Es spielen noch viele andere Faktoren eine Rolle und natürlich machen auch Häufigkeit und Intensität einen Unterschied.

Arbeite ich in einem stehenden Beruf und trage jeden Tag High Heels, wirkt sich das natürlich anders aus, als wenn ich ab und an mal zu einer Dinner-Einladung die Pumps heraushole. Trage ich auch zu Hause immer Hausschuhe mit Absatz, ist es etwas anderes, als wenn ich dort immer barfuß oder auf Socken unterwegs bin.

Wichtig ist es, meiner Meinung nach, zu wissen, welche Effekte es gibt, um präventiv informierte Entscheidungen treffen zu können und vor allem, wenn es bereits Beschwerden gibt, zu wissen, wo man ansetzen kann, um Linderung zu erzielen.

Effekt 1: Absätze verändern Dein Gangbild

Durch die Absätze bewegst Du während des Ganges Deine Beine anders und das Fersenbein kann nicht mehr so gut als Stoßdämpfer agieren, stattdessen müssen die Knie mehr von den Stößen absorbieren, was zu Knieschmerzen und Arthrose führen kann. Auch die Hüften werden um ihren Einsatz beraubt, werden weniger funktional belastet, was theoretisch langfristig Einfluss auf die Knochendichte haben kann.

Statt abzurollen und beim Abstoßen mit dem großen Zeh Deinen Körper quasi nach vorne zu schieben, musst Du beim Gang auf Absätzen Deinen Körper eher nach vorne werfen, oder nach vorne fallen lassen, um voranzukommen. Das entspricht bei jedem Schritt einer Art Mikro-Schleudertrauma für Nacken, Wirbelsäule und Schultern.

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In dem Video siehst Du an drei Stellen rote Pfeile. Achte beim ersten Pfeil auf das Standbein: im Grunde gehen wir nicht mit einer Vorwärtsbewegung, sondern bewegen uns dadurch nach vorne, dass das Standbein nach dem Aufsetzen mit Druck in den Boden nach hinten gezogen wird. Da es fest auf dem Boden steht, „katapultiert“ diese Bewegung sozusagen den restlichen Körper nach vorne. Achte mal beim Gehen darauf. Mit Absätzen ist der dafür stabile Halt kaum zu erreichen.

Effekt 2: Eingeschränkte Hüftbeweglichkeit durch Absätze und steife Sohlen

Durch Absätze und steife Sohlen kann der Fuß nicht ordentlich über den großen Zeh abrollen. Damit bleibt die Hüftstreckung aus und die rollende Bewegung des Beckens beim normalen Gang ist eingeschränkt. Häufig versuchen der untere Rücken oder die Knie diese fehlende Bewegung zu kompensieren. Das kann zu Beschwerden in diesen beiden Bereichen und dem Iliosakralgelenk führen.

Achte jetzt bei obigem Video auf den zweiten Pfeil. Nur wenn Du über den großen Zeh abrollen kannst, was Du beim dritten Pfeil siehst, kann Deine Hüfte in die Streckung gehen (zweiter Pfeil). Diese Hüftstreckung ist wichtig für den großen Hüftbeuger (Lenden-Darmbein-Muskel oder Musculus Iliopsoas) und Deinen Beckenboden.

Effekt 3: Keine normale Supination und Pronation möglich

Enge Zehenboxen und steife Sohlen verhindern den natürlichen Ablauf von Supination und Pronation im Fuß. Beides ist aber nötig, um ein funktionales Rotationsmuster im Körper zu haben, welches sich von den Füßen bis zum Becken erstreckt. In der Pronation passiert die Stoßdämpfung, die Supination bewirkt, dass wir uns vorwärts bewegen können.

Beides brauchen wir, jedoch stecken viele dauerhaft in einem von beidem fest (wie in den Bildern beispielhaft gezeigt). Dann fehlt die Rotation und kann dementsprechend nicht nach oben im Körper weitergegeben werden, was sich nicht nur auf die Füße, sondern auch auf Knöchel, Knie, Hüften und den Beckenboden auswirken kann.

Effekt 4: Aus dem Gleichgewicht gebracht

Je breiter die Basis, umso besser stehst Du darauf. Schmale Schuhe drücken die Zehen zusammen und verringern Deine Standfläche, während natürlich gespreizte Zehen mehr Boden abdecken und somit mehr Halt bieten.

Steife Sohlen beeinträchtigen den funktionalen Nutzungsumfang der Muskulatur, vor allem unter dem Fuß. Die Füße werden dadurch schwächer und gleichzeitig steifer. Sich dem Boden anzupassen und eine Stabilität aufrechtzuerhalten, fällt ihnen dann schwerer. Auch können empfindliche, steife Füße weniger gut Informationen an das Gehirn darüber weiterleiten, wo und in welcher Lage wir uns gerade im Raum befinden. Das erhöht das Sturzrisiko.

Konventionelle Schuhe quetschen unsere Zehen ähnlich stark zusammen, wie mit dem Gummiband auf dem Bild rechts gezeigt. Eine natürliche Fußform hat breit gefächerte Zehen. Mit einem Zehenspreizer, wie links auf dem Bild zu sehen, kann man den Fuß passiv unterstützen, seine natürliche Form wiederzufinden. Allerdings braucht es entsprechende aktive Übungen, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen.

Effekt 5: Der Einfluss auf den Beckenboden

Wie es Deinem Beckenboden geht, hängt unter anderem auch davon ab, wie es den Muskeln rund um Dein Becken geht, also Hüfte, Gesäß und Oberschenkelmuskulatur. Durch Absätze in den Schuhen, seien es auch nur kleine wie bei Ballerinas, gerät die Statik Deines Standes und Deines Ganges durcheinander. Die Muskulatur kommt nicht zum vollen Einsatz, wird weniger und einseitiger genutzt, mit Auswirkung auf den Beckenboden, der mehr Belastung abbekommt.

Ist Dein Körper dank Absätze nicht „gestapelt“ – also sind Knöchel, Knie, Hüfte, Schulter nicht in einer Linie – schiebt sich Dein Becken nach vorne (links) und Dein Gesäß spannt sich an. Beides ist nicht gut für Deinen Beckenboden.

Auch das Zusammenquetschen der Zehen durch schmale Schuhe kann sich im Beckenboden bemerkbar machen, denn es hat Einfluss auf das Fußgewölbe, was wiederum einen Effekt auf die Hüftrotation hat. Die Muskeln, die für die Hüftrotation zuständig, sind auch Teil des Beckenbodens.

Die guten Nachrichten

Du kannst mit der Wahl Deiner Schuhe und einfachen Übungen Deinen Füßen viel Gutes tun. Sowohl präventiv als auch regenerierend. Das hat dann auch positive Auswirkungen auf Deinen restlichen Körper. Selbst wenn Du bereits Beschwerden hast, ob nun in den Füßen, dem Beckenboden oder woanders, lässt sich mit entsprechendem Training in der Regel hervorragende Besserung erzielen. Was Du nicht machen solltest ist, von einem Tag auf den anderen zu Barfußschuhen zu wechseln. Dieser Übergang muss langsam und begleitet durch Übungen vollzogen werden, um andere Beschwerden zu vermeiden. Sprich mich gerne an, wenn Du dazu Tipps haben möchtest.

Aber nicht nur Fußübungen sind sinnvoll, sondern auch solche, die bereits angeeignete Muster und blinde Flecken adressieren, und Deinem Körper zeigen, wie er sich auch wieder anders bewegen kann. Wenn Du mehr über die Zusammenhänge in Deinem Körper erfahren und solche Übungen kennenlernen willst, lade ich Dich herzlich dazu ein, an einem meiner 6-wöchigen Gruppenkurse RYC® inspired and more teilzunehmen. Ob mit Beschwerden oder ohne, mit dem Beckenboden oder anderen Körperbereichen, ich freue mich, wenn Du dabei bist. Abonniere meinen Newsletter, um rechtzeitig zu erfahren, wann die nächste Runde startet.


2 Kommentare

  1. Wow, Aimée, was für ein klasse Fachartikel!
    Ich bin selbst eine Fußpatientin und hätte ich früher, sprich in meinen jüngeren Jahren gewußt, was ich wirklich mit meinen Schuhen hätte beeinflussen können, ich wäre womöglich an Füßen und Knien nicht insgesamt vier mal operiert worden… Ende offen…
    Ich danke dir für deine klare Sprache, die selbst die Fachbegriffe verständlich rüberbringt.
    Weiter so!
    Viel Erfolg bei deiner Mission, dein Thema in die Welt zu bringen!
    Gruß Gabi

    Antworten
    • Liebe Gabi,
      ganz herzlichen Dank für Deine Rückmeldung, sowohl bezüglich des Inhalts, als auch dass ich es verständlich hinbekommen habe, das macht mich sehr froh!
      Wenn Du Input haben möchtest, was Du auch jetzt noch für Deine Füße tun kannst, melde Dich gerne bei mir.
      Herzliche Grüße
      Aimée

      Antworten

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