Immer wieder erlebe ich es in Gesprächen, dass noch viele Missverständnisse vorhanden sind, wenn das Thema Beckenboden und Beckenbodentraining aufkommt. In der Regel begegnen mir zwei grundlegende Aussagen. Entweder „Ich habe keine Beckenbodenprobleme, ist also nicht mein Thema.“ oder „Ich habe zwar Beschwerden, aber es ist zu spät für Beckenbodentraining, damit muss ich mich abfinden.“
Wenn wir dann tiefer ins Gespräch kommen, wird schnell deutlich, dass hinter beiden Punkten noch viel mehr steckt. Natürlich sind die Situationen immer individuell unterschiedlich, aber es sind Muster erkennbar, die sich wiederholen. Meist kommt es dann doch auf zwei Varianten raus: sie suchen sich keine Hilfe explizit zum Thema Beckenboden, weil sie denken, sie haben kein Problem damit. Oder weil sie glauben und häufig auch gesagt bekommen haben, dass ihre Beschwerden ganz normal seien und man nichts mehr dagegen machen könne, außer sich damit zu arrangieren. Nun sei es einfach zu spät für Beckenbodentraining.
Auf die erste Variante will ich hier nur ganz kurz eingehen. Es geht nicht darum, einer Frau einzureden, sie habe Probleme. Wunderbar für jede, die frei von Beckenbodenbeschwerden ist! Möge es so bleiben. Ich beziehe mich hier eher darauf, dass ich schon einige Frauen getroffen habe, die zwar sagten, dass sie keinerlei Probleme mit dem Beckenboden haben, dann aber doch bei näherer Betrachtung eine ganze Reihe Symptome aufzeigten, die mit einer Beckenbodendysfunktion in Verbindung gebracht werden können, ohne dass ihnen dieser Zusammenhang bewusst war. Deswegen finde ich, wir müssen viel mehr über all diese Dinge sprechen, auch wenn sie einem unangenehm sind. Denn in diesem Falle gilt das gleiche, wie für die Gruppe der zweiten Variante.
Ab wann ist es zu spät für Beckenbodentraining?
Kommen wir also zur zweiten Variante. Das lohnt sich nicht mehr, dafür ist es zu jetzt schon zu spät, da kann man nichts mehr machen. Erschreckenderweise glauben das viele Menschen, leider auch Ärzte. Wenn ich darüber nachdenke, wie belastend, einschränkend, damit isolierend und teils auch sehr peinlich diese Beschwerden sein können, dann werde ich regelrecht wütend.
Klar, man sollte sich nicht schämen, aber bedauerlicherweise ist es nun mal immer noch ein Tabu-Thema, wenn man sich beispielsweise beim Niesen in die Hose macht. Ohne Hoffnung auf Besserung diese verminderte Lebensqualität zu ertragen, womöglich auch unter Schmerzen zu leiden. Alltagsaktivitäten zunehmend nur unter Mühen zu bewältigen und geliebte Hobbys aufgegeben zu haben. Da möchte ich mal ganz deutlich werden: Das ist richtig scheiße!
Deswegen an dieser Stelle ganz klipp und klar:
Es ist nie zu spät für Beckenbodentraining!
Und das gilt für jede, egal, wie alt sie ist, wie lange die Beschwerden schon anhalten, ob es jemals eine Geburt gab oder ob eine solche schon Jahrzehnte her ist. In so gut wie allen Fällen lässt sich durch das passende Training mindestens eine erhebliche Linderung erzielen.
Eine der für mich am faszinierendsten Eigenschaften unseres Körpers ist seine ungeheure Anpassungsfähigkeit. Er reagiert auf den Input, den wir ihm bieten. Das, was wir viel machen, können wir besser als das, was wir weniger machen. Der Bewegungsradius, den wir ausnutzen, bleibt uns erhalten. Schränken wir ihn ein, geht er uns mit der Zeit verloren.
Die Muskeln, die wir nutzen, werden aufgebaut. Die, die wir ignorieren, werden weniger. Über Haltungen, die wir immer wieder einnehmen, müssen wir nicht nachdenken, wir verfallen automatisch in sie. Bewegungsabläufe, die uns neu und unvertraut sind, müssen wir üben, damit sie sich nicht mehr ungewohnt anfühlen.
Je früher, desto besser, aber niemals zu spät um anzufangen!
Genau diese Mechanismen können wir uns, wenn es um den Beckenboden, genau so zu Nutze machen wie bei allen anderen Körperteilen und Bewegungsabläufen. Klar ist es von Vorteil früher lieber als später mit Training zu beginnen. Ich werde auch der bessere Klavierspieler mit 70 Jahren sein, wenn ich bereits mit 45 angefangen habe, anstatt erst mit 60 zu üben. Aber ich werde insbesondere nur besser werden, wenn ich überhaupt anfange.
Viel wichtiger als die Frage, ob es für Dich zu spät für Beckenbodentraining ist, ist die Art des Beckenbodentrainings, die Du machst. Um effektiv wirken zu können, sollte das Training des Beckenbodens diesen nie nur isoliert betrachten, sondern als Teil des Core, der auf vielen Wegen mit dem restlichen Körper verbunden ist. Wenn Du nachhaltiges Beckenbodentraining durchführst, dann bringt es Dir auch Stabilität zurück in Deine Körpermitte und mehr Zuverlässigkeit in Deinen Beckenboden. Und genau das wird es Dir ermöglichen, leichter durch Deinen Alltag und gelassener durch Dein Leben zu gehen.
Hast Du Beckenbodenbeschwerden und bislang geglaubt, das sei normal? Möchtest Du Dich nicht mehr damit abfinden und etwas dagegen tun? Dann lass uns reden, einander besser kennenlernen und gucken, ob bzw. wie ich Dir helfen kann. Ich freue mich darauf, von Dir zu hören.
Anmerkung: Dieser Artikel ist an Tag 3 der Blogdekade im Februar 2023 entstanden. Vom 11.02. bis 20.02.2023 schreiben viele Bloggerinnen in TheContentSociety innerhalb von zehn Tagen bis zu zehn Blogartikel. Es ist meine zweite Blogdekade, und dieses Mal lege ich meinen Fokus darauf, möglichst kurze Artikel zu schreiben und meine Blogsammlung um ein paar Definitionen und häufig auftretende Fragen zu erweitern.
0 Kommentare