Im Rahmen von „The Content Society“ rief Judith „Sympatexter“ Peters dazu auf, Blogparaden zu kreieren. Viele Teilnehmerinnen sind diesem Ruf gefolgt, so auch meine Blog Buddy Manuela Krämer. Sie fragt in ihrer Blogparade „Wie viel Persönliches von Dir verrätst Du auf Social Media?“
Da ich mich mit dieser Frage schon auseinandersetze, seit ich vor über 20 Jahren online aktiv wurde, und sich im Laufe dieser Zeit so vieles geändert hat – für mich, in der Online- und in der Offline-Welt – will ich die Gelegenheit nutzen, meine Gedanken dazu festzuhalten.
Damals und Heute – Privat oder Business
Online aktiv bin ich bereits seit Februar 1998, damals noch mit dem langsamen Dial-up und Tüddelüü-Geräusch, dabei immer eine Telefonleitung blockierend. Die ersten Schritte machte ich, wie so viele in der Zeit, in Foren und Chatrooms. Ich war noch in der Schule, aber bereits volljährig und bewegte mich ausschließlich als private Person im Netz.
In den Themen drehte es sich um unseren Alltag, Interessen, Emotionen, Erlebtes, tatsächlich also durchaus um viel Privates und die meisten waren mit irgendwelchen Nicknames anonym unterwegs. Dabei ging es gar nicht so sehr darum, sich hinter der Anonymität zu verstecken. Einen respektvollen Umgang zu pflegen und nur das zu schreiben, was ich auch Menschen ins Gesicht sagen würde, war mir zu der Zeit ebenso wichtig wie heute. Insbesondere die Truppe, mit der ich damals hauptsächlich Kontakt hatte, hielt das ebenso.
Aber die Anonymität gab mir mehr Sicherheit, ermöglichte mir, mich mehr zu trauen, unbefangener und gelassener und trotzdem dabei geschützt zu sein. Außerdem war es Übung für mich, denn mit vielen anderen aus einem bestimmten Chat trafen wir uns regelmäßig verstreut über ganz Norddeutschland zu Stammtischtreffen, bei denen ich auch jedes Mal selbstsicherer auftreten konnte als beim Mal zuvor.
Als Business muss ich sichtbar sein
Heute bin ich primär für mein Business online, um zu informieren, aufzuklären und meine Dienstleistung anzubieten, so dass mich Kundinnen finden können. Dabei ist Anonymität selbstverständlich keine Option. Diese notwendige Sichtbarkeit ist mir zunächst sehr schwergefallen. Ich verhalte mich zwar nicht anders, als ich es anonym tun würde, ich bin immer noch ich, aber meine Schutzhülle ist weggefallen und was das bedeutet oder bedeuten kann, muss ich keiner Frau erklären, denke ich.
Man macht sich leider grundsätzlich durch Sichtbarkeit angreifbar und die Umgangsformen haben sich in den letzten 25 Jahren im Netz stark gewandelt. Der Tonfall ist sehr anders geworden und man muss sich mit ganz anderen Ansprüchen messen lassen, weil auch viel mehr Vergleichsmöglichkeiten bestehen. Von Oberflächlichkeit und erhöhten Geschwindigkeit in allem, z.B. Nachrichten und Kommunikation, ganz zu schweigen. Die Erwartungshaltungen sind zum Teil extrem harsch.
Fälschlich tabuisierte Themen müssen erst recht sichtbarer werden
Jetzt kommt hinzu, dass mein zentrales Businessthema ein durchaus sensibles ist. Beschwerden rund um Körpermitte und Beckenboden sind leider immer noch mit Scham und Unsicherheit beladen. Sie gelten vielfach als Tabuthema, insbesondere wenn es konkret um Inkontinenz geht, obwohl sie durchaus weit verbreitet sind.
Viele fühlen sich allein, weil sie sich nicht trauen, darüber zu sprechen und somit auch von niemandem anders darüber hören. Oder sie haben resigniert, weil ihnen gesagt wurde, dass ihre Beschwerden „normal“ seien, man sich damit abfinden müsse und es eh zu spät sei, noch was dagegen zu tun.
Darüber hinaus bin ich durch meine ganz eigenen Erfahrungen zu diesem Thema gekommen und nutze meine persönlichen Erlebnisse in der Aufklärung, um zu zeigen, dass Scham hinderlich ist und schadet. Das ist nicht immer angenehm und einfach ist es auch nicht. Aber ich habe gerade durch meine eigene Leidensgeschichte einen Antreiber gefunden, ja, sogar eine Leidenschaft entwickelt, meine äußerst mühsam erlangten Erkenntnisse mit anderen Frauen zu teilen. Damit mache ich mich ab und an gefühlt sehr nackig und verletzlich.
Privat vs. Persönlich – Was zeige ich von mir und wo?
Wann immer ich in den letzten Monaten in meinem Netzwerk Gespräche darüber führte, was wir von uns im Netz zeigen, kam die Differenzierung zwischen privat vs. persönlich auf. Man solle durchaus persönliches von sich zeigen, um eine Beziehung aufzubauen und als Mensch kennengelernt zu werden. Aber privates solle doch bitte privat bleiben.
Nun ist es aber so, dass das Empfinden, bis wohin persönlich geht und wo privat anfängt, doch sehr individuell ist. Ich denke, es hängt auch von vielen Faktoren ab, die man von außen gar nicht immer so eindeutig identifizieren kann. Ich selbst tue mich schwer, das persönliche zu identifizieren und einzugrenzen. Was ich als privat empfinde, und damit für mich nicht ins Netz gehört, das kann ich relativ eindeutig benennen.
Zunächst hoffte ich daraus rückwärts ableiten zu können, was ich denn dann zeigen kann, also alles das, was übrig bleibt, wenn ich das, was mir zu privat ist, abziehe. Aber das passt auch nicht, es gibt zu viele Grautöne. Nur bei Schwarz und Weiß bin ich mir sicher. Bei allem dazwischen empfinde ich ein herzhaftes „es kommt darauf an“. Das macht Contenterstellung für mich nicht immer einfach. Aber schauen wir uns doch mal diese Abstufung an und beginnen mit einem klaren Punkt.
Wo ist meine Grenze für zu privat?
Eine ganz klare Grenze gibt es bei mir dort, wo es nicht mehr nur um mich geht. Während ich für mich entscheiden kann, was ich von mir preisgeben will, kann und will ich diese Entscheidung z.B. nicht für mein Kind treffen. Dafür, diese Entscheidung selbst informiert zu treffen, ist es aber noch zu jung. Also findet mein Kind in meiner Onlinepräsenz nur sehr abstrakt statt.
Das wirkt vielleicht manchmal etwas steif, aber ich nehme das im Kauf, um die Privatsphäre meines Nachwuchses zu schützen. Es gibt Aspekte rund ums Kind, die mir wichtig sind, beispielsweise die Tatsache, dass ich mit meinem Kind über unsere Körper und deren Funktionen sehr offen rede, dabei anatomisch korrekte Begriffe benutze und das für essenzielles Wissen halte, welches jedes Kind lernen sollte. Das hat auch direkten Bezug auf meine Arbeit.
Auch die Tatsache, dass ich als Mutter eine bestimmte Lebensrealität habe, mit Vereinbarkeit jonglieren muss und dadurch zunehmend feministische Themen für mich entdecke, ist relevant. Zumal es da Überlappungen gibt, für mich als Privatperson ebenso wie für meine Arbeit. Frauengesundheit ist ein feministisches Thema.
Es ist nicht so, dass ich mein Kind verschweigen will, ganz im Gegenteil, es ist wichtig, dass die Existenz von Kindern in der Gesellschaft nicht versteckt wird, sie werden eh schon zu häufig nicht berücksichtigt. Dennoch wird es bei mir beispielsweise keine Bilder des Kindes und vermutlich auch sonst nichts Spezifisches geben, denn ich möchte ihm in einigen Jahren, wenn es pubertiert und mich vermutlich für eh furchtbar peinlich hält, wenigstens in die Augen schauen und aufrichtig sagen können, seine Privatsphäre geachtet zu haben. Ob mir das zur Zufriedenheit gelingt, weiß ich nicht, mein Bestreben bleibt es.
Jetzt wird es persönlich
Meine Geschichte, meine Inkontinenz und mein Weg zu meinem jetzigen Business ist, wie schon gesagt, ja doch eine eher intime und damit für viele eine sehr private Thematik. Jedoch empfinde ich mittlerweile keinerlei Scham mehr, darüber zu schreiben oder zu sprechen, unabhängig davon, ob das auf Social Media, hier im Blog oder in Gesprächen von Angesicht zu Angesicht stattfindet. Das war vor 4 Jahren noch ganz anders.
Was hat sich also geändert? Ich habe die Situation irgendwann wieder selbst in die Hand nehmen können. Ich habe dazu gelernt, Wissen über die Problematik an sich und meinen Körper erlangt und das hat mich gestärkt. Ich habe wieder das Steuer übernommen und begonnen auf meiner Reise selber zu lenken und vor allem den Weg selbst zu bestimmen, Deutungshoheit zurückerobert.
Mit dieser Selbstkompetenz habe ich an Selbstsicherheit gewonnen und kann relativ sachlich und dennoch aus der persönlichen Betroffenheit heraus darüber sprechen, informieren und aufklären. Ich kann aus eigener Erfahrung nachvollziehen, was meine Kundinnen empfinden. Gerade deswegen gibt es natürlich auch Tage, an denen mich mein Weg emotional belastet, aber das ist ebenso ein Teil meiner Lebensrealität, über den ich dann gerne in meiner Arbeit spreche.
Denn zwischen „es ist eh zu spät, das lohnt alles nicht mehr“ und unrealistischen bzw. falschen Versprechungen über Heilung gibt es eine Menge Nuancen, die vor allem nicht in Stein gemeißelt sind. Und Heilung (als Prozess, nicht als Endzustand) ist nie linear oder folgt einem strikten „wenn-dann-Muster“, auch darüber muss dringend mehr geredet werden, um mehr Frauen in die Selbstkompetenz zu bringen.
Wenn Du dies zeigst, kannst Du doch auch das zeigen, oder doch nicht?
Man möchte nun vielleicht meinen, dass es kein Problem für mich ist, andere, weniger intime Aspekte aus meinem Leben zu teilen. Ich weiß beispielsweise bei vielen auf Instagram, wie ihre Wohnung oder Teile davon aussehen. Und während ich das so gar nicht als zu privat empfinde, bei anderen zu sehen, fühle ich mich bei dem Gedanken mein Wohnzimmer oder meine Küche zu zeigen ziemlich unwohl.
Ich bin dem Grund dafür noch nicht ganz auf die Spur gekommen, denn sachlich betrachtet gibt es da nichts, wofür ich mich verstecken wollte, nicht einmal für die Krümel, Staubflusen oder das dauernde Chaos, das ist halt der normale Alltagswahnsinn, das kennen alle.
Aber auch der Gedanke daran, meine Tagesplanung oder Teile davon in den Storys zu teilen, fühlt sich für mich an einigen Tagen zu eindringlich an. Klar, ich weiß, das wird in der Regel achtsam kuratiert und zeigt nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was tatsächlich vor sich geht. Aber allein die Überlegungen, mit welchen Teilen zu zeigen ich mich tatsächlich wohlfühle, die wiederum auch interessant für meine Followerinnen oder Leserinnen sind, empfinde ich je nach Tagesform durchaus als zu anstrengend.
Was zu persönlich ist, ist Privatsachen
Vielleicht empfinde ich diese eher banalen Dinge für mich als zu privat zum Zeigen, gerade weil ich an anderer Stelle schon so viel von mir preisgebe, was im allgemeinen Verständnis durchaus unter die Kategorie sehr privat fällt. Möglicherweise ist das der Ausgleich, den ich brauche, andere Aspekte meines Lebens mehr zu schützen, weil ich eben dieses eine zentrale Thema sehr offen zeige.
Schlussendlich denke ich, dass diese Abgrenzung von privat und persönlich nicht nur eine sehr individuelle Geschichte, sondern auch permanent im Fluss ist. Es gibt immer wieder Phasen, in den ich mich mehr zurückziehen und weniger von mir zeigen möchte, weil die Energie, die es für die Sichtbarkeit braucht, anderweitig dringender benötigt wird.
Und nur weil ich mal vor einigen Monaten beschlossen hatte, etwas als persönlich, aber nicht privat und damit zeigbar einzustufen, heißt es nicht, dass ich mich nicht umentscheiden und es heut als zu privat empfinden darf. Ich darf da viel mehr auf mein Bauchgefühl hören und mich frei von Erwartungen oder Regeln anderer machen.
Das sollten wir ohnehin viel häufiger tun, uns auf uns selbst besinnen und in uns hineinhorchen. Die eigenen Grenzen wahren und uns nicht von außen sagen lassen, wie diese Grenzen zu sein haben. Auch mit Rücksicht auf individuelle Tagesform, Phasen und Zyklen. Das Leben verläuft in der Regel nicht auf einem geraden, ebenen Weg, ohne Umwege oder Hindernisse. Also darf sich die Präsentation dieses Lebens in meinen Augen auch dynamisch den jeweiligen Begebenheiten anpassen.
Wenn Du Dich auf Deinen Körper besinnen, Selbstkompetenz erlangen und Deine Beschwerden (bspw. Inkontinenz, Prolaps oder Schmerzen in Becken, Hüfte oder unterem Rücken) lindern möchtest, dann ist es nie zu spät, damit anzufangen! Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, was Du für Deinen Beckenboden und Deine Körpermitte tun kannst, dann stöber in den Artikeln der Kategorien Core & Beckenboden. Oder hast Du Fragen und möchtest direkt mit mir reden? Dann buche einfach ein unverbindliches Kennenlerngespräch mit mir.
0 Kommentare