Vor einigen Wochen schrieb ich bereits einen Artikel zum Thema „Was ist Core-Training und welche Rolle spielt es für den Beckenboden?“ Darin beschrieb ich zunächst den Zusammenhang zwischen Beckenboden und Core und ging dann darauf ein, dass ein gutes Core-Training im Grunde ein Ganzkörpertraining ist.
Ich schrieb an der Stelle auch „[…] Ganzkörpertraining beginnt im Core.“ Das möchte ich heute noch ein wenig differenzierter betrachten. Denn schlussendlich kommt es darauf an, wer mit welchen Wünschen, Zielen und Beschwerden vor mir steht. Genau darauf stimme ich nämlich meine 1:1 Begleitung Empower Your Core ab: auf die entsprechenden Bedürfnisse meiner Kundinnen, individuell und passend zum jeweiligen Lebensalltag.
So beginnt ein Beckenboden-Training bei mir
Um die Bedürfnisse meiner Kundinnen zu erfassen, beginne ich jede 1:1 Betreuung mit einer Bestandsaufnahme und ausführlichen Analyse, die ich gegebenenfalls, je nach Verlauf und Fortschritt, auch nach einigen Wochen wiederhole. Dazu möchte ich erwähnen, dass mein 1:1 Programm in der Regel ungefähr 6 Monate läuft, um Dir und Deinem Körper Zeit für den neuen Input und Veränderung zu geben.
Welche Elemente ich bei dieser ersten Analyse betrachte, erörtere ich im Folgenden, denn sie sind die einzelnen Puzzlestücke, die den Ganzkörperansatz ausmachen. Ich möchte aber noch einen wichtigen Punkt vorab ansprechen.
Optimal, nicht perfekt
Generell gilt, bei allen angesprochenen Aspekten, dass Dysfunktionen, Asymmetrien oder „Fehlstellungen“ nicht zwangsläufig bedeuten, dass man Beschwerden in dem jeweiligen Körperteil, dem Beckenboden oder an anderer Stelle bekommen wird. Unsere Körper sind unglaublich belastbar und anpassungsfähig und können sehr lange sehr viel kompensieren.
Es lohnt sich aber dennoch, für das allgemeine Wohlbefinden, die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen, um sich sein „Körper-Kartendeck“ insgesamt so vorteilhaft wie möglich zu mischen. Mit mehr Vielfalt und Variationen geht verbesserte Funktionalität einher, wodurch sich häufig Beschwerden bessern und wir Erleichterung erlangen. Es geht hierbei um optimale Ergebnisse, also bestmögliche, nicht um perfekte.
Ich stelle Deinen Beckenboden auf stabile Füße
Die Füße sind die Basis unseres Körpers. Sie bilden das Fundament und werden doch häufig vernachlässigt und eher stiefmütterlich behandelt. Wie wir stehen und wie wir gehen kann sich auf den Beckenboden und dessen Funktion auswirken, daher lohnt sich der Blick auf die Füße sehr.
Eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen und der Knöchel wandert in der Wirkung das Bein hoch und beeinflusst die Knie und die Hüften. Wenn die Füße in der Gangabfolge sehr nach innen oder sehr nach außen gedreht sind, hat das einen Einfluss auf die Muskulatur rund ums und damit auch die Position des Beckens, was sich im Beckenboden bemerkbar machen kann.
Wie Du stehst, wird auch durch Dein Schuhwerk beeinflusst. Die meisten konventionellen Schuhe haben einen Absatz, auch wenn er nur klein ist oder nicht so deutlich wie bei einem Pumps. Das bewirkt schon eine Veränderung in Deiner Haltung. Genauso wie die vornehmlich sehr schmale Zehenbox bei konventionellem Schuhwerk, die Zehen zusammenquetscht und deren Funktionalität beeinflussen kann. (Eine umfassendere Beschreibung über Barfußschuhe findest Du in dem Artikel „5 Eigenschaften von Barfußschuhen„.)
Mit Hüft-Schwung ins Beckenboden-Training
Beim Gehen sollte sich das Becken in allen drei Dimensionen bewegen, dafür ist es ausgelegt. Nun haben aber viele von uns blinde Flecken in den Bewegungen. Nicht immer werden alle Bewegungen, die uns theoretisch bzw. physiologisch möglich sind, in der Praxis vollzogen. Das kann verschiedene Ursachen haben. Einseitige Haltung und Bewegung oder auch Kompensationsverhalten bspw. nach Verletzungen lassen uns bestimmte Präferenzen entwickeln, die wir dann irgendwann nicht mehr wahrnehmen. Da kann der Hüft-Schwung schonmal in einen längeren Winterschlaf verschwinden.
Der menschliche Körper ist unglaublich clever und passt sich energiesparend eben genau an die Gegebenheiten an, die wir ihm bieten. Das heißt aber auch, dass sich eingeschliffene und dadurch nicht mehr bewusst wahrgenommene Bewegungsmuster durchaus wieder „verlernen“ bzw. „verloren“ gegangene Bewegungen wiederbeleben lassen, wenn wir unserem Körper neuen Input geben. Womit wir wieder bei mehr Vielfalt in der Bewegung sind. Je mehr Optionen wir in der Art uns zu bewegen haben, je mehr Bewegungs-Variationen wir kennen und nutzen, desto besser für unseren Körper. Was wir benutzen, trainieren wird, was wir sinnvoll belasten wird belastbarer. Das ist die beste Vorsorge für gute Beweglichkeit mit möglichst wenig Einschränkungen bis ins hohe Alter.
Mit der Atmung hauchen wir dem Beckenboden Leben ein
Atmen, das machen wir alle ungefähr 20.000 Mal am Tag, ohne wirklich darüber nachzudenken. Und in einer idealen Welt trainieren wir mit jedem Atemzug unseren Beckenboden. Leider ist unsere Welt aber alles andere als ideal und das wirkt sich auf unsere Atemtechnik aus. Im Beckenboden-Training gucke ich mir zwei Elemente der Atmung an: Welche Atemstrategie standardmäßig beim Einatmen genutzt wird und welche Core-Strategie beim Ausatmen eingesetzt wird.
Während die Core-Strategien primär unter Belastung relevant sind, ist die Frage, wie wir einatmen, durchaus eine, die sich auf jeden Atemzug bezieht. Viele von uns atmen flach oder standardmäßig in den Bauch. Physiologisch und anatomisch sinnvoll aber ist eine dreidimensionale Atmung in den Brustkorb, dort wo die Lungen sitzen. Der Beckenboden bewegt sich dann im Einklang mit dem Zwerchfell, und wird somit bei jedem Atemzug durch seinen gesamten Funktionsspielraum gebracht.
Bei der Atmung in den Bauch kann sich im Grunde nur dessen Form, nicht aber wie beim Brustkorb das Volumen ändern, so dass technisch gesehen eine Bauchatmung anatomisch gar nicht möglich ist. Dabei erhöht sich der intraabdominale, also der im Bauchraum herrschende Druck. Das ist insbesondere für Frauen mit Beckenbodenproblemen oder einer Rektusdiastase nicht optimal. Über die dreidimensionale Atmung und ihren Nutzen für Dich, kannst Du hier mehr lesen. Wie Du in fünf Schritten zur dreidimensionalen Atmung findest und sie für eine stabile Körpermitte und gesunden Beckenboden einsetzt, erfährst Du in diesem Artikel.
Die geheime Zutat des Beckenboden-Trainings: Oberkörperbeweglichkeit
Die moderne Welt lässt uns unsere Arbeitszeit häufig in sehr einseitiger Haltung verbringen, sitzend, über die Tastatur gebeugt, mit nur wenig Dynamik. Wie bereits erwähnt, stellen sich unsere cleveren Körper auf diesen Input ein und passen sich den Gegebenheiten an, um Energie zu sparen. Das heißt, wir „verlernen“ bestimmte Bewegungen, die unseren Körpern grundsätzlich möglich sind, wenn wir sie nicht regelmäßig nutzen. Es gibt also auch zum Beispiel keine „perfekte Haltung“ am Schreibtisch, die beste ist immer die nächste Position, möglichst viel Abwechslung und Vielfalt erfreut unseren Körper.
Zusätzlich zu diesen mechanischen Einflüssen auf unsere Körper spüren wir auch die Auswirkungen von Stress und Anspannung. Unsere Nervensysteme sind nicht erst seit März 2020 einer außergewöhnlichen Belastung ausgesetzt. Für viele Frauen und Mütter bietet bereits der ganz normale Alltag in einer patriarchalisch-kapitalistischen Gesellschaft ein enormes Stresspotential. Das macht sich nicht selten in Restriktionen im Oberkörper bemerkbar, die Beweglichkeit ist eingeschränkt, wir haben das Gefühl nicht richtig atmen zu können, halten diesen manchmal sogar an und stecken permanent in einer Kampf-oder-Flucht-Reaktion fest.
Welch wichtige Rolle die Atmung physiologisch zusätzlich zur offensichtlichen spielt, hast Du im Abschnitt zur Atmung bereits gelesen. Darüber hinaus kann über Atmung unser Nervensystem reguliert werden, wozu wir aber physisch auch in der Lage sein müssen. Ist die Beweglichkeit des Oberkörpers und damit auch des Brustkorbs eingeschränkt, kann es uns sehr schwerfallen, die Vorteile der dreidimensionalen Brustkorbatmung voll zu nutzen.
Es braucht auch Köpfchen
Nicht zuletzt spielt auch der Kopf im Training eine Rolle. Allerdings meine ich damit nicht die Muskel- oder Skelettanteile des Schädels, sondern sowohl den Verstand, die Ratio, als auch das Mindset. Wissen spielt hierbei eine nicht unerhebliche Rolle, denn es ermöglicht Empowerment im Sinne der Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und damit der Selbstkompetenz. Wenn ich die Zusammenhänge im Körper kenne, um die besondere Rolle und manchmal etwas hinterlistige Art von Schmerzen weiß und dann auch noch passende Werkzeuge an der Hand habe, verschiedene Symptome zu adressieren, dann bin ich meinen Beschwerden nicht mehr machtlos ausgesetzt.
Gleichzeitig ist es eine Herausforderung, sich nicht von der Ratio und dem Wissen lähmen zu lassen und auch mal aus dem Kopf in den Körper zu kommen. Übungen zur Entspannung des Körpers und des Geistes und zur Regulation des Nervensystems gehören daher in meinen Augen auch zwingend in ein Ganzkörpertraining. Die Wechselwirkung des mentalen Zustandes mit dem physischen mag nicht immer offensichtlich und einfach zu erfassen sein, vorhanden ist sie nichtsdestotrotz und sie mit einzubeziehen macht ein Training für mich erst so richtig rund. Natürlich zu jeweils passendem Zeitpunkt, in geeigneter Form und Dosis, je nachdem, wer mit welchen Wünschen, Zielen und Beschwerden gerade vor mir steht.
Wenn Du Interesse daran hast, mit mir zusammenzuarbeiten, dann lade ich Dich herzlich auf ein unverbindliches Kennenlerngespräch ein. Darin können wir einander kennenlernen, schauen, ob Du bei mir mit Deinen Beschwerden auch an der richtigen Stelle bist und ob die Chemie stimmt. Ich freue mich darauf, von Dir zu hören.
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