Es gibt einige Fragen zum Beckenboden, die immer wieder auftauchen. Häufig wird durch die Fragestellung deutlich, dass noch einige Missverständnisse über den Beckenboden herrschen. Im Folgenden beantworte ich 3 häufig gestellte Fragen und erkläre ein paar wichtige Zusammenhänge.
Woran erkenne ich, ob ich einen schwachen Beckenboden habe?
Zunächst einmal ist der Begriff „schwach“ im Kontext vom Beckenboden eher irreführend. Die Beckenbodenmuskulatur hat eine Aufgabe, unter anderem die Regulation von Ausscheidungen und das „Halten“ der Bauchorgane. Kann sie diese Aufgabe nicht zufriedenstellend erfüllen, ist sie nicht unbedingt „zu schwach“. Präziser ist es, zu sagen, sie ist nicht funktional. Der Grund für die fehlende Funktionalität ist in nicht zwangsläufig eine Schwäche, sondern häufig eine eher zu starke Anspannung der Muskulatur. Man spricht dann von einem hypertonen Beckenboden.
Ein nicht funktionaler Beckenboden kann eine Vielzahl an Beschwerden mit sich bringen. Zu den häufigsten Symptomen gehören u.a. Belastungsinkontinenz, ständiger Harndrang, Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Entleeren der Blase. Aber auch diffuse Schmerzen im Becken, Verstopfung, Stuhl- und Windinkontinenz und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr geben Hinweise auf einen nicht funktionalen Beckenboden. Es gibt noch weitere Symptome einer Beckenbodendysfunktion.
Frag die Profis: Beckenbodencheckup beim Physio
Um genau zu erfahren, wie es um Deinen Beckenboden steht, empfiehlt sich ein Beckenbodencheckup bei einer Beckenbodenphysiotherapeutin zu machen. Entsprechend dafür ausgebildete Physiotherapeutinnen findest Du auf der Therapeutenliste der AG GGUP. Nicht nur bei Beschwerden, dann aber insbesondere, ist diese Untersuchung ratsam. Denn mithilfe einer vaginalen Tastuntersuchung kann der Zustand Deiner Beckenbodenmuskulatur genauer bestimmt werden.
Manchmal wird ergänzend mit dem Ultraschall untersucht. Das hat für Dich den Vorteil, dass Du eine visuelle Darstellung Deiner Beckenbodenaktivität bekommst. Für mich war das sehen können, was da passiert, ein absoluter Game-Changer im Verständnis der Vorgänge im Beckenboden.
Warum ist mein Beckenboden so angespannt?
Eine Reihe an Ursachen kann dazu führen, dass Dein Beckenboden zu stark angespannt ist. Einer der Gründe, die mir am häufigsten begegnen, sind die Kegel-Übungen. Immer noch ist dies die am häufigsten empfohlene Übung, wenn es um den Beckenboden geht. Dabei greift das isolierte Anspannen und Loslassen des Beckenbodens, zumeist auch noch in statischer Position, also liegend oder sitzend, viel zu kurz, bzw. ist auch viel zu einseitig, um den dynamischen Anforderung des Alltags an den Beckenboden gerecht zu werden.
Einseitiges Training dieser Art fördert die zu starke Anspannung im Beckenboden, insbesondere wenn es die einzige Art von Beckenbodentraining ist. Für die volle Bandbreite seiner Funktionalität braucht der Beckenboden auch Übungen, die Länge in die Muskulatur bringen. Das ist bei Kegel-Übungen nicht gegeben.
Aber auch einige Alltagsangewohnheiten fördern einen zu verspannten Beckenboden. Beißt Du beispielsweise häufig die Zähne zusammen, bekommst Du einen verspannten Kiefer. Stress und Anspannung im Alltag begünstigen dieses unterbewusste Verhalten. Meistens fällt uns dies aber erst auf, wenn wir Schmerzen im Kiefer oder im Nacken haben. Dass Verspannungen im Kieferbereich Auswirkungen auf den Muskeltonus des Beckenbodens haben können, ist vielen nicht klar.
Dein Lebensstil hat einen Einfluss auf die Anspannung
Ebenso sind Bewegungsmuster, die wir uns dauerhaft angeeignet haben, von Bedeutung. Unsere Körper sind sehr clever und passen sich mit der Zeit an das an, was wir ihm wiederholt bieten. Irgendwann sind uns diese Muster aber gar nicht mehr bewusst, weil unser Gehirn sonst mit der Überzahl an Informationen überfordert wäre. So entstehen blinde Flecken, die uns leider langfristig nicht immer dienlich sind. Weit verbreitete Muster, die Beckenbodenverspannungen begünstigen, sind beispielsweise dauernd eingezogene Bäuche oder zusammengekniffene Pobacken.
Ein weiterer Aspekt, der erst langsam Beachtung findet, ist der Zustand unseres autonomen Nervensystems. Ein ständig hochreguliertes Nervensystem, wenn Du durch Stress oder Trauma die ganze Zeit im sympathischen Fight-or-Flight, also Flucht-oder-Kampf Modus stecken bleibst, erzeugt Verspannungen. Ist Dein Nervensystem gut reguliert, wechselt es ständig zwischen diesem und dem parasympathischem Rest-and-Digest, also Ruhen-und-Verdauen Modus, hin und her. Bleiben wir aber dauerhaft in einem Stecken, fehlt uns die Balance.
Wie kann ich Verspannungen im Beckenboden lösen?
Liegen Verspannungen in der Muskulatur vor, so lassen sich diese nicht einfach durch eine „Lockerung“ lösen, der Begriff ist nicht ganz zutreffend. Du kannst Dir das eher so vorstellen, dass wieder Länge in die Muskeln gebracht werden muss. Mittlerweile ist auch bekannt, dass für einen langfristigen Effekt dies nicht allein durch Dehnen erzielt werden kann. Vielmehr braucht es zur Verbesserung der Funktionalität ein Dehnen unter dem Trainingszustand angepasster Belastung.
Geeignet dafür sind vor allem Ganzkörperübungen, die nicht nur das Becken und den Beckenboden, sondern auch die umliegende Muskulatur an Bauch, Hüfte und Beinen mit einbezieht. Eine tiefe, dreidimensionale Atmung in den Brustkorb ist hierbei nicht nur physisch von großer Hilfe. Der regulierende Effekt tiefer Atmung auf das autonome Nervensystem ist bei einem verspannten Beckenboden ebenso wichtig. Mit Achtsamkeit im Alltag und einem Bewusstsein für Deine Bewegungsmuster kannst Du diesen auch besser begegnen und Verspannungen entgegenwirken.
Gemeinsam den Beckenboden trainieren: RYC®-inspired Kurs im Januar 2024
Welche Übungen geeignet sind, worauf Du bei der Ausführung achten solltest und weitere Details zum Thema Atmung und Core-Aktivierung, behandle ich in meinen RYC®-inspired Kursen. Dort lernst Du genau diese Dinge und erfährst auch, wie Du sie entsprechend in Deinen Alltag einbauen kannst.
Mir ist es ein Anliegen, dass Du verstehst, was in Deinem Körper passiert und welche Auswirkungen bestimmte Dinge auf Deinen Beckenboden haben. Nur so kannst Du Entscheidungen über Deine Bewegung und Verhaltensweisen treffen, die nicht aus Angst oder Unwissen heraus getroffen werden, sondern informierte Entscheidungen sind. So kannst Du Verantwortung für Deinen Körper und Deine Beckenbodengesundheit übernehmen.
Die Anmeldung für den nächsten Kurs ab 23. Januar 2024 läuft bereits.
Bis zum 26. Dezember gibt es sogar noch den Frühbucherrabatt!
Bist Du auch dabei? Dann schick mir einfach eine E-Mail zur Anmeldung:
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