Was die dreidimensionale Atmung ist und welche Vorteile sie hat, habe ich bereits in diesem Artikel beschrieben, ich empfehle Dir ihn zu lesen, bevor Du hier fortfährst. Die 3D-Atmung nutzt im Grunde jedem Menschen, denn sie ist funktional und physiologisch sinnvoll, sprich die Atmungsstrategie, die vom Körper vorgesehen ist.
Menschen mit Beckenbodenproblemen oder Senkungen profitieren ganz besonders von dieser Atmung, da sie Entlastung für den Beckenboden und den Druck im Bauchraum bietet. Dies gilt auch präventiv, wenn diese Beschwerden (noch) nicht bestehen und vermieden werden wollen.
Wie Du feststellst, wie Du atmest, ob Du vielleicht schon dreidimensional atmest und wie Du diese Art der Atmung üben kannst, erfährst Du in den folgenden Schritten.
Wichtige Anmerkungen vorab
Ich empfehle Dir, zunächst den ganzen Artikel einmal zu lesen und dann die einzelnen Schritte einen nach dem anderen alleinstehend durchzuführen. Du kannst die Dimensionen auch später erst zusammen setzen, wenn Du vertrauter mit den Inhalten und Abläufen bist. Wenn Du über Jahre auf eine bestimmte Art und Weise geatmet hast, dann kann sich Dein Körper nicht wie auf Knopfdruck umstellen und das ist auch in Ordnung so.
Bitte sei Dir also vorher bewusst, dass es passieren kann, dass Du nicht sofort Zugang zu jedem Schritt hast, das ist vollkommen normal, es braucht häufig ein bisschen Zeit, Geduld und Übung, zwei oder drei Minuten am Tag reichen aber für den Einstieg vollkommen aus.
Atmung und Emotionen
Wenn wir uns mit Atmung beschäftigen, so kann das unter Umständen auch eine Menge Gefühle auslösen, das muss nicht so sein, aber es ist möglich. Wenn das passiert und Du Dich plötzlich unsicher oder unwohl fühlst, dann brich bitte ab und tu etwas, von dem Du weißt, dass es Dich sicher fühlen lässt.
Ob das eine vertraute Atemübung ist, auch wenn sie ganz anders als das hier beschriebene ist oder der Geruch vom Kuschelpulli Deines Lieblingsmenschen oder was ganz anderes, ist egal. (Diese Übung hilft mir sehr, wenn ich mich wieder erden möchte.) Hauptsache, Du begibst Dich in einen Zustand, der Dir Ruhe und Sicherheit bietet. Einmal aufstehen, Dich ausschütteln oder ausgelassen zum Lieblingslied tanzen und lauthals mitsingen, kann auch eine tolle Strategie sein.
Wenn Du etwas spürst, worüber Du sprechen und es einordnen möchtest, dann lade ich Dich ein, mich zu kontaktieren. Keine Empfindungen oder Reaktionen, die für Dich hier möglicherweise aufkommen, sind irgendwie falsch oder unnormal, auch wenn sie vielleicht überraschend kommen und ungewohnt oder unerwartet sind.
Wie atme ich?
Zunächst wollen wir feststellen, wie Dein Status Quo ist, also wie Du normalerweise atmest, wenn Du nicht darüber nachdenkst. Du kannst diesen und die folgenden Schritte im Sitzen mit aufrechtem Becken oder auch im Stehen durchführen, viele finden es zu Beginn im Liegen am einfachsten. Dafür legst Du Dich in Rückenlage flach auf den Boden, vielleicht auf eine Yogamatte oder ähnliches. Die Füße kannst Du aufstellen.
Wenn es Dir unangenehm oder zu anstrengend ist, so auf dem Boden zu liegen, kannst Du Dich natürlich auch aufs Bett oder Sofa legen, je weniger Du einsackst, desto besser. Wichtiger aber ist es, dass Du Dich wohl fühlst, damit Du ins Spüren kommen und Deinen Körper wahrnehmen kannst. Eine kleine (!) Unterstützung unterm Kopf kann helfen. Sei neugierig und probiere später auch verschiedene Positionen für die einzelnen Dimensionen aus, aber jetzt fangen wir erstmal ganz einfach an.
Wertfrei spüren und wahrnehmen
Wenn Du in Deiner gewünschten Position bist, komm erstmal dort an, atme einige Züge ganz normal. Dann lege, während Du entspannt weiter atmest, Deine rechte Hand auf Deinen Bauch, ungefähr beim Bauchnabel. Die linke Hand legst Du ungefähr auf Dein rechtes Schlüsselbein.
Bleibe für einige Atemzüge so und spüre, wo sich beim Atmen etwas bewegt. Hebt und senkt sich Deine rechte Hand am Bauch? Bleibt diese ruhig und spürst Du Bewegung in der linken Hand? Wie stark bewegt sich Deine Hand? Spürst Du bei beiden etwas oder weder bei der einen noch bei der anderen? Kannst Du für Dich feststellen, ob Du Bauchatmer bist? Oder ob Du eher in die Brust, die Schultern oder Schlüsselbeine atmest?
Wenn Du den Eindruck bekommen hast, dass Du weder in den Bauch, noch in die Brust, Schultern oder Schlüsselbeine atmest, kann es sein, dass Du vielleicht schon dreidimensional in den Brustkorb atmest. Das wirst Du in den nächsten Schritten genauer erforschen können. Aber selbst wenn Du bei jedem einzelnen Schritt denkst, „Was will die eigentlich gerade von mir? Ich spür nichts.“, dann lass Dir versichert sein, dass auch das völlig in Ordnung ist. Wie gesagt, es kann durchaus auch mal länger dauern, bis man da ein Gespür für entwickelt.
Bisher haben wir Momente einer vollkommen wertfreien Informationssammlung erlebt. Genau so machen wir auch weiter, schauen uns aber nun die einzelnen Elemente der dreidimensionalen Atmung an.
Erste Dimension: in die Seiten atmen
Ertaste an Deinen Seiten das untere Ende Deines Brustkorbs, finde also die Stelle, wo Du die letzten Rippen spürst, bevor es weiter unten Richtung seitlichem Bauch weicher wird. Meisten ist das etwas unterhalb des BHs. Wenn Du die Stelle gefunden hast, fasse dort mit Deinen Händen so um Deinen unteren Brustkorb, dass der Daumen zu Deinem Rücken zeigt und die Finger vorne zum Bauch hin liegen. Also als ob Du die Hände in die Hüften stemmst, nur etwas höher eben.
Wenn Du Deine Hände nicht so weit oben platzieren kannst, dann hol Dir einen Yoga-Gurt, Bademantelgürtel oder festeren Schal und leg ihn Dir so um Deinen Körper auf Höhe der unteren Rippen, dass Du die Enden vor Deinem Körper gekreuzt in den Händen halten kannst.
Feedback fürs Gehirn
Nimm ein paar Atemzüge wie sonst auch und spüre, ob sich Deine Rippen in Deine Hände hinein, also in die Seiten bewegen. Wenn Du diese Bewegung nicht wahrnehmen kannst, drück Deine Hände ein wenig fester in Deine Seiten und versuch nun bewusst in die Hände rein und gegen den so kreierten Widerstand zu atmen.
Wenn Du mit einem Gürtel arbeitest, dann halte ihn zunächst so an Deinen Brustkorb anliegend, dass Du ihn spürst, er Dich aber nicht einschnürt. Atmest Du jetzt in die Seiten, solltest Du merken können, dass der Gurt sich beim Einatmen enger anfühlt. Um die Rückmeldung für Dein Gehirn deutlicher zu machen, auf welchen Teil am Körper es sich gerade konzentrieren soll, kannst Du auch den Gurt ein bisschen enger halten.
Zweite Dimension: nach vorne und nach hinten atmen
Wenn Du mit den Händen am Brustkorb liegst, lass diese genau dort, wo sie beim vorherigen Schritt waren. Atme erneut wie gewöhnlich ein und spüre, ob Deine Finger sich von Deinem Daumen entfernen, Dein Griff um den unteren Brustkorb also beim Einatmen weiter wird. Wenn Du auf dem Rücken liegst, bewegt sich der Daumen zum Boden hin. Der Brustkorb weitet sich beim Einatmen nach vorne und nach hinten.
Wenn Du das in Deiner üblichen Atmung nicht fühlen kannst, verstärke Deine Atmung etwas bewusster und probiere aus, was Du machen musst, um die Bewegung wahrzunehmen. Gräme Dich bitte nicht, wenn Dir das (noch) nicht gelingt. Wenn Du bislang gestanden oder gesessen hast, ist dies ein guter Zeitpunkt, um das Ganze im Liegen auszuprobieren. Dank der Schwerkraft verändert unsere Körperwahrnehmung in verschiedenen Positionen und manchmal hilft genau so ein neuer Impuls, eine neue Entdeckung zu machen.
Neugier und Hilfsmittel sind erwünscht
Wenn Du einen Gurt statt Deiner Hände für die Erforschung der Atmung in Deine Seiten genutzt hast, dann kannst Du das auch für diese Dimension nutzen. Dein Gehirn darf jetzt ein bisschen Hilfestellung von Dir bekommen, dass es sich um eine andere Körperstelle dreht, als eben. Dafür kratz oder kraule Dich mal ein bisschen an Deinem unteren Brustkorb, jeweils vorne und hinten. Wenn Du hinten nicht dran kommst, löse den Gurt aus der Überkreuzung vor der Brust und nimm das rechte Ende in die rechte Hand und das linke Ende in die linke Hand. Bewege Deine Hände entsprechen so hin und her, dass der Gurt an Deinem Rücken entlang schubbert.
Dann kannst Du den Gurt wieder so halten wie zuvor und auf Deine Atmung achten. Kannst Du nun die Bewegung nach vorne und nach hinten wahrnehmen? Falls Du noch nichts spürst, egal ob mit Händen oder Gurt (Du kannst auch immer beides ausprobieren), kannst Du noch eine andere Position ausprobieren, um vor allem der Bewegung nach hinten, in den Rücken mehr auf die Spur zu kommen. Dafür nimmst Du Dir ein größeres Kissen und beugst Dich im Knien oder sitzen über dieses, so dass das Kissen am Bauch eingequetscht wird. Wenn Du jetzt tief einatmest, achte auf die Bewegung Deines Brustkorbs nach hinten.
Dritte Dimension: nach oben und nach unten atmen
Die dritte Dimension ist die, deren Bewegung am wenigsten stark ausgeprägt ist. Die Bewegung nach oben und unten findet oben am Brustbein statt, also dort, wo die Rippen eher kurz und auch befestigt sind, im Gegensatz zu den unteren Rippen, die ja weniger Befestigung und damit auch mehr Bewegungsspielraum haben. Möglicherweise hast Du diese Bewegung zuvor schon beim „Wie atme ich“ Abschnitt wahrgenommen.
Lege eine Hand auf Dein Brustbein und fühle auch hier, ob Du bei Deiner gewohnten Atmung eine Bewegung nach oben und unten wahrnehmen kannst. Damit ist nicht das Heben und Senken von den Schultern gemeint. Als gedankliches Hilfsmittel kannst Du Dir vorstellen, dass Du eine Murmel mittig zwischen Deinen Brüsten liegen hast (wenn Du in Rückenlage bist) und durch diese Art der Bewegung beim Einatmen, die Murmel von dort Richtung Kehlkopf rollt. Bei der Ausatmung rollt sie wieder zurück.
Dreidimensionale oder 3D-Atmung
Setzt Du nun zum Schluss diese drei Dimensionen zusammen, ergibt sich die dreidimensionale Atmung. Alle einzelnen Elemente zusammenzubringen und gleichzeitig zu beachten, kann extrem herausfordernd sein, insbesondere wenn einem eine Dimension körperlich vielleicht nicht so zugänglich ist. Aufgrund eingeschränkter Oberkörperbeweglichkeit – ein sehr verbreiteter, aber absolut veränderbarer Zustand – kann es Deinem Körper schwerfallen, diese Bewegungen umzusetzen.
Zeit, Geduld und Training sind die ganz wesentlichen Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur 3D-Atmung, sowohl was die einzelnen Elemente anbetrifft, als auch für Deine Oberkörperbeweglichkeit. Wenn Du die dreidimensionale Atmung üben möchtest, mach Dich bitte nicht verrückt dabei. Ab sofort bei jedem Atemzug darüber nachzudenken wird nur zu Stress und Verspannungen führen und das Unterfangen nicht erleichtern. Nimm Dir zu Beginn wirklich immer nur eine Dimension zur Zeit vor und beschränke es auf wenige Minuten, z.B. „bis der Wasserkocher heiß ist“ oder „während das Essen in der Mikrowelle ist“.
Deine Situation ist individuell
Je nachdem, wie Deine Ausgangsposition ist, kann Dein Weg ganz anders aussehen, als bei anderen. Atmung hat viele Facetten. Stress, bestimmte Erlebnisse, Verletzungen und generell Deine Vorgeschichte spielen auch immer eine Rolle. Genau diese individuellen Voraussetzungen berücksichtige in meinem 1:1 Programm Empower Your Core. Wenn Du Fragen zu Atmung hast, über mein Training mehr erfahren oder mit mir über Deine ganz persönliche Situation sprechen möchtest, kannst Du immer einen Termin für ein unverbindliches Kennenlerngespräch buchen. Ich freue mich darauf, Dich kennenzulernen!
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